ANALYSEN


Der Fehler in der Logik des NPS

Über das Potential des NeuDenkens der Korrelation von Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlung

Marketing hat seit je her das - logische - Bedürfnis, die Zusammenhänge zwischen seinem Handeln und dessen Wirkung zu messen und zu optimieren. Allerdings wissen wir spätestens seit Henry Ford ("Half the money I spend on advertising is waste, and the problem is I do not know which half."), dass dies leichter gewünscht als getan ist. Dies gilt insbesondere in einer immer komplexer, dynamischer und mehrdeutiger werdenden Welt, wo die Anzahl der Einflussfaktoren und ihrer Relationen untereinander zunimmt. Hinzu kommt, dass sich diese steigende Komplexität und Dynamik auch in der internen Unternehmenswelt fortsetzt. Wir alle kennen die Trends immer größeren Abstimmungsrunden, Absicherungsbedürfnissen etc. Aus all dem resultiert ein zunehmendes Bedürfnis an einfachen, leicht verstehbaren und anzuwendenden Lösungen. Der Net Promoter Score, kurz: NPS, zählt im Bereich des Marketing ohne Frage zu dieser Kategorie: Ein Werkzeug, welches einen klaren Zusammenhang misst, extrem einfach anzuwenden ist und relativ klare Handlungsableitungen ermöglicht. Recht sicher erfreut er sich deswegen über die letzten Jahre einer solch großen Beliebtheit. Ja, dieses Bedürfnis nach Einfachheit und Simplizität ist mehr als verständlich und nachvollziehbar. Ohne Frage. Die Komplexität und Dynamik - und mit ihnen Mehrdeutigkeit und Unplanbarkeit - haben ein Ausmaß erreicht, welches ab einem bestimmten Zeitpunkt droht, uns zu überfordern. Sofern dies nicht stellenweise bereits der Fall ist. Nur: Wie verständlich dieses Bedürfnis auch sein mag, macht es die dargebotenen ´einfachen´ Lösungen damit nicht richtiger. Oder um es mit den Worten eines der renommiertesten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Gesellschaftsforschung, Niklas Luhmann, zu sagen (vereinfacht): Komplexität kann nur mit Komplexität bearbeitet werden.Dies gilt im Marketing genauso wie im allgemeinen Leben: Man denke nur an bestimmte politische Angebote, die scheinbar einfache Lösungen präsentieren, die jedoch der Komplexität nicht gerecht werden - und damit auch keine wirklichen Lösungen sind!

Im Falle des Net Promoter Score ist dies, und das ist die gute Nachricht, jedoch relativ einfach zu heilen. Der NPS unterstellt eine direkte Korrelation von Kundenzufriedenheit (´Dealership Satisfaction`) und Weiterempfehlung (`Word-of-Mouth`, ), letztere in zweifacher Form, nämlich als Intention und tatsächlichem Verhalten.


Die Konstruktion des NPS besticht durch ihre Einfachheit - leider lässt sie eine wichtige Komponente außer acht: Commitment und Identifikation!


Hierzu konnten Tom J. Brown (Oklahoma State University) et al.* in einer Studie zeigen, dass es einen wichtigen moderierenden Aspekt in der Korrelation gibt, den der NPS nicht berücksichtigt: das Commitment der Kunden - und hinter diesem liegend: die Identifikation mit dem Anbieter! Demnach hat die Identifikation der Konsumenten mit dem Anbieter einen relevanten Effekt auf das Ausmaß der Weiterempfehlung. Hierbei wird Identifikation verstanden als ein Teilen gemeinsamer Werte und Vorstellungen der Konsumenten mit dem Anbieter. Was bedeutet dies für die Anwendung des Net Promoter Score? Der NPS misst eine aktuell bestehende Tendenz zur Intention der Weiterempfehlung - weder eine nachhaltige Haltung noch ein tatsächliches Handeln. Mit anderen Worten: ein tendenziell flüchtiges Konzept. Addiert man jedoch die Relevanz der Identifikation auf Wertebasis, kann es gelingen, hieraus ein nachhaltig wirkendes Instrument zu entwickeln. Das entscheidende Werkzeug hierfür hält die Markenführung bereit, ist doch Marke als ein wartebasiertes Konstrukt exakt das, was Identifikation kreiert und erhält.

Zur Forschung:* Brown, Tom J. (Oklahoma State University), Barry, Thomas E. (Southern Methodist University), Gunst, Richard F. Gunst (Southern Methodist University), Dacin, Peter A. (Queen´s University Canada): Spreading the Word: Investigating Antecedents of Consumers' Positive Word-of-Mouth Intentions and Behaviors in a Retailing Context; In: Journal of the Academy of Marketing Science. Volume 33, No. 2, pages 123-138.